Alejandro Grimaldo
Bayer 04 Leverkusen
Analyse: Spit­zen­rei­ter B04 überzeugt mit variablem Angriffsspiel

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An diesem Montag dringt LigaInsider etwas tiefer in die taktische Ausrichtung und den Spielaufbau von Bayer Leverkusen ein. Im Mittelpunkt stehen in diesem Artikel besonders Odilon Kossounou und Alejandro Grimaldo, die für die bevorzugte Spielweise unter Xabi Alonso aktuell auf ihren Positionen unersetzbar sind.

Zunächst bleibt festzuhalten, dass die Tabellenführung der Werkself keine besonders große Überraschung ist. Mit einem Wert von 2,97 xGoT (expected Goals on Target) pro Spiel präsentiert Leverkusen die beste Offensive der Liga. Auch im Abwehrverhalten hat Bayer bei einem zugelassenen xGoT-Wert von 1,02 nur zwei Bundesligisten vor sich. Das insgesamt dominante Auftreten gepaart mit einer „sicheren“ Startelf gehört ebenfalls zum Erfolgsrezept, was unter anderem Leipzig durch eine Niederlage und Bayern in einem Unentschieden zu spüren bekamen.

Doch gehen wir nun ans Eingemachte …


Das Passnetzwerk gegen den 1. FC Köln

Im vergangenen Bundesligaspiel gegen Köln war der Aufgabenbereich der einzelnen Spieler im Aufbau klar zu erkennen. Kossounou agiert als etwas tieferer Gegenpol zu Linksverteidiger Grimaldo, während Jonathan Tah und Edmond Tapsoba einen gemeinsamen Defensivblock in der Zentrale bilden. Situationsbedingt lässt sich Exequiel Palacios zwischen die beiden fallen, um Stabilität zu verschaffen. Den Platz in der Zentrale bespielen in diesen Fällen vorübergehend entweder Grimaldo oder Jonas Hofmann.

Eine Sonderrolle übernimmt Jeremie Frimpong, der dafür verantwortlich ist, als hochstehender Außenverteidiger die Breite des Leverkusener Spiels zu halten. Gesteuert wird diese durch Grimaldo, der bevorzugt den diagonalen Weg direkt in die Gefahrenzone sucht und so zu Abschlüssen kommen kann.

Den Anker in der Mittelfeldzentrale bildet Granit Xhaka in Kombination mit Palacios, die meist nah beieinander auftauchen und sich so für ballsichere Kombinationen anbieten. Xhaka glänzt hier besonders durch seine klugen Umschaltmomente mit seinem starken linken Fuß. Seine Hauptabnehmer sind in Richtung Offensive Grimaldo und Florian Wirtz.


Leverkusens Passnetzwerk gegen Köln



Überzahlspiel und gegnerische Verlockungen

Bayer Leverkusen versucht unter Alonso, die Gegenspieler in eine Vorwärtsbewegung zu locken, um so Raum für das vertikale Passspiel zu ermöglichen. Die häufigste Variante ist hier die Positionierung in einem 3-2, also drei Innenverteidiger (Tah/Tapsoba mit Kossounou oder dem fallenden Palacios), die zusammen mit den beiden Mittelfeldspielern (Xhaka und Palacios oder einem Einrücker aus Grimaldo/Hofmann) durch gezielte Defensivläufe mit anschließender Ballverteilung für eine Überzahl im Mittelfeld sorgen.

Ziel von Leverkusen: Der Gegner soll gezwungen werden, aus einem Dreiermittelfeld mit fünf Spielern anzulaufen, um einer Überzahlsituation aus dem Weg zu gehen. Die so gegebenen großen Räume nutzt Leverkusen aus, um ein Passspiel zwischen den Linien aufzuziehen.

An der folgenden Grafik ist zu erkennen, wie der in dem Fall ballführende Xhaka seine Gegenspieler Alidou und Ljubičić auf sich zieht. Sein darauffolgender Rückpass zu Tapsoba, der gezielt in Richtung des eigenen Sechzehners marschiert, beschäftigt Angreifer Davie Selke, der somit gegen Tapsoba und Tah in Unterzahl gerät. Die rechte Seite rund um Kossounou hat dadurch in der nächsten Spielsequenz freie Bahn, was ein vielversprechendes Angriffsszenario bietet.

Es ist deswegen vielversprechend, weil Kölns Kainz Jonas Hofmann im Rücken hat und den Passweg des nun ballführenden Kossounou zustellen muss. Letztendlich lockt Kossounou Kainz an, was Hofmann im Rücken des Kölners erneut neue Räume verschafft.

Das gleiche Problem hat nun Kölns Abwehrspieler Chabot, der sich nicht um Hofmann kümmern kann, um den torgefährlichen Angreifer Victor Boniface nicht alleine zu lassen. Der hochstehende Frimpong zieht mit seinem Laufweg in Richtung Kossounou zudem Paçarada aus der Abwehrkette.

Ein Anspiel von Kossounou auf Frimpong, der schließlich auf Hofmann abtropfen lässt, folgt und eröffnet so einen schnellen Lauf von Frimpong hinter die nun rausgerückte linke Abwehrseite. Der inzwischen aufgerückte Boniface wird so von Frimpong nach Zuspiel Hofmanns in der Gefahrenzone im Zentrum bedient.

Auf der linken Seite hat Grimaldo eine etwas andere Rolle als Frimpong. Grimaldo wird grundsätzlich tiefer (in Höhe der Mittelfeldspieler) positioniert, was der Mannschaft von Alonso weitere Optionen im individuellen Angriffsspiel verschafft.

Leverkusen verlagert das Spiel der Kölner, wie in der unteren Grafik zu sehen ist, gezielt auf die rechte Seite, um so Grimaldo in eine aussichtsreiche Position zu bringen. Boniface und Frimpong üben durch ihre hohe Positionierung Druck auf die Verteidigungslinie der Kölner aus, um diese tief zu halten. Hofmann übernimmt in dem Fall die Rolle eines Sechsers, der an der Seite vom absichernden Xhaka als Ballführender in Richtung gegnerisches Tor aufdrehen kann.

In dieser Szene ergeben sich somit für die Leverkusener mehrere Optionen: Hofmann kann den freistehenden Kossounou mit einbeziehen und anspielen, Wirtz im linken Halbfeld bedienen oder einen langen präzisen Pass auf den durchstartenden Grimaldo anvisieren. Bei diesen Situationen kann Grimaldo durch seine starke Ballan- und mitnahme profitieren. Das zeigte er auch durch seine Torvorlage zum zwischenzeitlichen 2:0 gegen Köln eindrucksvoll.



Fazit:

Leverkusen legt ein extrem variables Offensivspiel mit verschiedenen Anpassungen an die jeweiligen Gegner an den Tag, welches für diese nur sehr schwer auszurechnen ist.

Frimpong sorgt durch seine hohe Positionierung in der gegnerischen Hälfte im Großen und Ganzen für die Freiheiten seiner Teamkollegen Kossounou und auch Grimaldo (wenn das Spiel nach rechts verlagert wird), die dadurch nur geringem Druck der gegnerischen Außenverteidiger ausgesetzt sind und viele größere Räume zur Verfügung haben.

Kossounou kann man zudem getrost als Akteur bezeichnen, der sowohl im Angriffsspiel als Überzahlspieler agiert als auch in der Defensivarbeit für die Konterabsicherung zuständig ist. Er sorgt in beiden Fällen für ein Überzahlspiel. Für das aktuell bevorzugte 3-4-3-System sind die Qualitäten des Defensivmannes somit essenziell.

Grimaldo ist hingegen ein Akteur, der auch in die Rolle des Spielmachers schlüpft. Sein Aufgabenbereich liegt unter der Anleitung von Alonso darin, bei Verlagerungen von außen hinter die gegnerischen Außenverteidiger zu starten, um entweder eine Hereingabe zu forcieren oder mit seiner enormen Schussqualität selbst den diagonalen Weg für den Torabschluss zu suchen.

Die Ausarbeitung der Daten und Taktikbetrachtung erfolgte über unseren Analysten Lennart Susemiehl.