Jérôme Boateng
1. Bundesliga
Der Mann für den ersten Pass

Kristian Dordevic

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Die Europapokalwoche lieferte ein für deutsche Verhältnisse eher ungewohntes Bild, war der Branchenprimus FC Bayern München doch die einzige Bundesliga-Mannschaft, die komplett leer ausging. Dessen ungeachtet strahlt der Rekordmeister derzeit aber eine erschreckend vertraut gewordene Dominanz aus, zieht vor allem im Oberhaus wie in den vergangenen drei Saisons einsam seine Kreise.

Zu den Spielern, die einen Löwenanteil am Erfolg der letzten Jahre haben, zählt unter anderem Nationalspieler Jérôme Boateng. Etwa zwei Spielzeiten benötigte der 2011 von Manchester City an die Säbener Straße gewechselte Verteidiger, um sich zum unantastbaren Abwehrchef der Bayern und gewiss zum Weltklassespieler zu entwickeln.

Seitdem befindet sich der 27-Jährige im Grunde konstant in bestechender Form, hält die Abwehr der Süddeutschen in aller Regel zusammen. Für viele gilt er überdies als bester DFB-Spieler des WM-Endspiels 2014. Ein Aufstieg, der viel zu tun hat mit Reife.


"Boateng kann auch Mittelfeld spielen." – FCB-Trainer Pep Guardiola über den ersten Aufbauspieler der Bayern

Als Christian Nerlinger, Bayerns damaliger Sportdirektor, vor etwas mehr als vier Jahren den 13,5-Millionen-Euro-Deal unter Dach und Fach gebracht hatte, waren die Zweifler schnell da. Und Boateng lieferte ihnen anfänglich mit einigen Patzern oder unnötigen Fouls Futter, machte sich das Fußballer-Leben in München schwer.

Für den FCB aber war klar, "dass er sich als 23-Jähriger entwickeln musste", wie Nerlinger, der mittlerweile bei einer Sportmanagement-Agentur beschäftigt ist und seit einiger Zeit auch Boateng betreut, im "kicker" beleuchtete. "Um auf dieser Position konstant zu spielen, braucht man viel Erfahrung."

Die sammelte der 1,92 Meter große Innenverteidiger und entwickelte sich rasant weiter. Sein "kicker"-Notendurchschnitt lag in der Debütsaison bei den Rot-Weißen bei 3,56, wohingegen drei Jahre später eine 2,83 sein Zeugnis zierte. In der laufenden Spielzeit vergaben die Juroren des Fachblatts bis hierhin im Schnitt die Note 2,64.

Für FCB-Sportvorstand Matthias Sammer ist Boateng aktuell schlichtweg der "beste Innenverteidiger der Welt", was viel mit der Interpretation seiner Rolle im dominanten Spiel der Münchner zu tun hat. Zum einen agiert er sehr hochstehend als erster Spielmacher des Teams – Javi Martinez sieht in seinem Kollegen gar den "Beste[n] auf der Welt, was den ersten Pass betrifft." Andererseits schafft es Boateng trotz vorgeschobener Position aber auch weitgehend, die gegnerischen Angreifer mit Zweikampfstärke und Schnelligkeit aus dem Spiel zu nehmen.

Der Weltmeister selbst fasst die Gründe für seinen Werdegang wie folgt zusammen: "Ich habe jetzt eine gewisse Sicherheit im Spiel bekommen, aber auch das Alter hat damit zu tun. Ich bin eben nicht mehr 23." Bei ihm habe sich einfach alles gut zusammengefügt, so Boateng weiter.

Ein Mann seines Kalibers hat selbstredend auch "bei den spanischen und englischen Topklubs Begehrlichkeiten geweckt", verriet Nerlinger außerdem. Im gleichen Atemzug goss er jedoch beruhigendes Wasser auf die Mühlen der FCB-Anhänger: "Wenn Bayern einen Spieler halten möchte, dann haben sie auch die Möglichkeiten, das zu schaffen." Boatengs Vertrag an der Isar ist noch bis 2018 datiert.