Jonathan Tah
Bayer 04 Leverkusen
Rückkehr nach Hamburg

Kristian Dordevic

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Als Bayer Leverkusen das Abwehrtalent Jonathan Tah im Sommer für 7,5 Millionen Euro (plus etwaigen Erfolgszuschlägen) vom Hamburger SV loseiste, hatte der Verein vermutlich nicht den Plan verfolgt, ihn vom Fleck weg ins kalte Bundesliga-Wasser zu werfen. Vielmehr sollte der 19-Jährige unterm Bayer-Kreuz nach und nach vom Perspektivspieler zum gestandenen Abwehrrecken reifen.

Aber erstens kommt es anders, zweitens als man denkt: Aufgrund der Verletzungen von Tin Jedvaj (Muskelsehnenverletzung) und Abwehrchef Ömer Toprak (Sehnenriss) sowie dank solider Leistungen absolvierte Tah alle bisherigen Spiele – wettbewerbsübergreifend 13 Partien – und verpasste dabei keine einzige Spielminute.

Dabei könnte es auch am Wochenende bleiben, denn der Junge mit den ivorischen Wurzeln ist nach seiner Verletzung (Einblutung im Adduktorenbereich) Anfang dieser Woche wieder ins Mannschaftstraining eingestiegen. Für die Begegnung mit seinem alten Arbeitgeber HSV wird er daher aller Voraussicht nach einsatzfähig sein – im Gegensatz zu seinen Kollegen Toprak und Jedvaj, die ebenfalls wieder (teilweise) trainieren. Tah wäre am Samstag im Übrigen der einzige echte Hamburger auf dem Platz.


Aus der 2. Liga in die Champions League

Im ersten Saisonviertel ist Tah wohl die auffälligste positive Überraschung in Leverkusen. Der Neuzugang überzeugte in der Liga mit Spitzenquoten in Zweikampf (65 Prozent) und Passspiel (81 Prozent). Nur achtmal musste er zum Foulspiel als Ultima Ratio greifen, beherrschte seine Gegner dank Antizipationsfähigkeit, Schnelligkeit und Kopfballstärke häufig auf faire Art und Weise.

Die Fachleute vom "kicker" bewerteten seine Darbietungen im Oberhaus durchschnittlich mit der ordentlichen Note 3,0, die Auftritte in der Champions League sogar mit 2,75. Geht es nach Sportchef Rudi Völler, sollte der Weg des Youngsters mittelfristig bis in die A-Nationalmannschaft führen. Die U-Jahrgänge hat der Träger der "Fritz-Walter-Medaille" in Gold (bester U-19-Nachwuchssspieler) zumindest alle durch.

"Ich muss mich manchmal selber zwicken", verlieh Tah im Interview mit der "Bild"-Zeitung seiner Verblüffung über diese Entwicklung Ausdruck. Die eigenen Erwartungen wurden deutlich übertroffen. Während er in der vergangenen Saison als Leihspieler bei Fortuna Düsseldorf noch mit den Niederungen der 2. Liga vorliebnehmen musste, fand sich das Abwehrjuwel mit dem Werksklub plötzlich auf dem höchsten europäischen Parkett wieder, traf in der Champions League zuletzt auf den großen FC Barcelona.

Ob es auch ohne Topraks schwere Verletzung vor Saisonstart so gekommen wäre? Wahrscheinlich nicht, da ist auch Tah selbst realistisch genug: "Die Situation hat es begünstigt", so seine kürzliche Einschätzung im "kicker". Auf der anderen Seite lässt sich konstatieren, dass der U21-Nationalspieler seine Bewährungschance bis dato gut genutzt hat.