Dieses Mal geht es in der LigaInsider-Analyse-Reihe um die Spieler, die ihren Klubs in den vergangenen Wochen aufgrund einer Teilnahme am Afrika-Cup oder am Asien-Cup gefehlt haben. Die Turniere nähern sich ihrem Ende, was bedeutet, dass die meisten der abgestellten Bundesliga-Profis schon ausgeschieden und zurück bei ihren Teams sind.
In der Zwischenzeit hat sich mancherorts einiges getan. Nicht nur mussten die Klubs zusehen, wie sie den Ausfall des jeweiligen Spielers kompensieren, auch hat die Transferperiode im Winter teils für Bewegung gesorgt. Wir haben uns die Situationen von ein paar Spielern angeschaut.
Bensebaini hinter Dortmunds neuem „Guerreiro“
Eine regelrechte Wachablösung scheint es bei Borussia Dortmund zu geben. Linksverteidiger Ian Maatsen, Leihgabe vom Chelsea FC, ist sportlich direkt angekommen. Ramy Bensebaini, der in der Hinrunde überwiegend den Startelfplatz auf der Position bekommen hat, ist nach seiner Rückkehr vom Afrika-Cup plötzlich hinten dran.
Maatsen hinterlässt mit seiner Spielgestaltung von der linken Spielfeldseite einen starken Eindruck. 1,18 Torschussvorlagen lieferte er bisher im Schnitt pro Partie, in Drucksituationen erweist sich der 21-Jährige als ballsicher und das Zusammenspiel mit Jadon Sancho gestaltet sich vielversprechend. Der Engländer gehört zu seinen bevorzugten Passadressaten (siehe Grafik).
Auffällig ist das Positionsspiel. Defensiv präsentiert sich Maatsen stabil. Er nimmt eine tiefere Position ein, wodurch er seltener überspielt wird. Das hat er seinem algerischen Konkurrenten voraus: Bensebaini gehört in der Bundesliga zu Verteidigern, die am häufigsten überspielt werden. In puncto Zweikampfquote kann er dafür gegenüber dem Neuzugang punkten (Bensebaini: 70,9 Prozent vs. 51,4 Prozent). Maatsens Tacklingquote wiederum ist mit 70 Prozent vorzeigbar.
Situativ geht es sogar mit beiden Spielern zusammen auf dem Feld. Eine weitere Stärke von Maatsen ist seine Variabilität, er begibt sich beispielsweise im Aufbau immer wieder mal in den Mittelfeldbereich. So standen im Duell mit Heidenheim (0:0) nach der Bensebaini-Einwechslung in der 75. Minute beide Kontrahenten auf dem Rasen: Maatsen rückte vor und nahm eine Rolle im Mittelfeld (zentral/offensiv) ein. Ein weiterer Ausdruck dafür, dass er eine spielerische Komponente einbringen kann.
„Es erinnert natürlich an die Fähigkeiten eines Raphaël Guerreiro, der immer wieder in diesen Achter- und Sechserräumen aufgetaucht ist“, kommentierte Edin Terzić vor Kurzem den Spielstil von Maatsen. Der BVB-Trainer kann seinen Schützling je nach Spielsituation guten Gewissens zeitweise mal ins Mittelfeld ziehen. Dessen ungeachtet gilt: Maatsen hat sich auf der linken Abwehrseite erst mal festgespielt.
Recycling-Experte Haidara
Die Bedeutung von Amadou Haidara fürs Spiel von RB Leipzig haben wir bereits in unserem Beitrag zu den „Raumfressern“ der Liga angerissen. Er wirkt auf den ersten Blick womöglich unscheinbar, wie auch sein KICKBASE-Marktwert von knapp unter 6,5 Millionen Euro zeigt, ist aber trotzdem einer der wichtigsten Spieler.
Mit dem Malier auf dem Platz schießen die Roten Bullen durchschnittlich mehr Tore und kassieren weniger, als es bei seinen Konkurrenten Kevin Kampl oder Nicolas Seiwald der Fall ist (Xaver Schlager betrachten wir als gesetzt). Nicht umsonst liegt Haidara in unserem Performance Rating aller zentralen Mittelfeldspieler (nach Durchschnittspunkten) auf Platz neun – er macht das Team deutlich besser.
Mit dem Ball zeichnet er sich durch einen hohen Fußball-IQ aus, sucht offensive Lösungen. Seine defensiven Qualitäten sind dabei häufig der Wegbereiter für die Aktionen nach vorne. Leipzig ist bekannt für das aggressive Gegenpressing. Nach Ballverlust übt RB direkt Druck auf den Gegner aus, um den Angriff zu unterbinden sowie den Ball zurückzugewinnen. Entweder wird der Ball direkt im Tackling gewonnen oder es wird ein Pass abgefangen oder der Kontrahent wird dazu gebracht, einen unkontrollierten Ball zu schlagen, der dann aufgesammelt werden kann.
Bei den hier einschlägigen Werten ist Haidara top. Gerade bei den abgefangenen Pässen ist er der beste Leipziger mit 1,34 pro Spiel (doppelt so viele wie etwa Kampl). Sein hohes Spielverständnis kommt dadurch zum Tragen, dass er die Bälle direkt für Leipzig festmachen kann und dazu fix ins letzte Drittel spielt. Im Schnitt kommen von ihm 6,71 Pässe ins diesen Bereich, was der Topwert bei RB ist.
Er sorgt gewissermaßen für ein schnelles Recycling des (zwischenzeitlich verlorenen) Ballbesitzes, um direkt Gefahr zu erzeugen. Die Offensivspieler können ihre Stärken in Tempo und Dynamik so ausspielen. Denn je länger die Sachsen brauchen, um den Ball erst zurückzuholen und danach wieder in die gefährliche Zone zu spielen, desto leichter fällt es dem Gegner, sich zu sortieren.
Die drei Niederlagen aus den vier Spielen im neuen Jahr hängen auch mit der Abwesenheit von Haidara zusammen. Leipzigs Probleme, mit Gefahr ins letzte Drittel zu kommen sowie die Schwierigkeiten im Gegenpressing sind genau seine Stärken. Ab dem kommenden Spiel gegen Augsburg erwartet LigaInsider ihn entsprechend zurück in der Startelf.
Vier Innenverteidiger auf Augenhöhe in Leverkusen
Für die meisten Diskussionen könnte demnächst die Situation in der Innenverteidigung des Tabellenführers aus Leverkusen sorgen. In der Hinrunde gab es lange eine klare Dreierkette mit Jonathan Tah, Edmond Tapsoba und Odilon Kossounou, die Trainer Xabi Alonso vor Weihnachten vorausblickend gesprengt hat für eine Generalprobe ohne die Afrika-Cup-Teilnehmer Tapsoba und Kossounou. Piero Hincapié überzeugt seither als linker Innenverteidiger. Den anderen Platz nahm Josip Stanišić ein.
Während Kossounou den Afrika-Cup bis zum Ende spielt (Finale), ist Tapsoba bereits aus dem Turnier ausgeschieden und kickte Bayern-Leihgabe Stanišić im Pokal gegen Stuttgart aus der Startelf. Anders als in den vergangenen Monaten nahm er den Posten rechts in der Kette ein, links blieb Hincapié.
Es ist gewissermaßen die richtige Position für Tapsoba, handelt es sich bei ihm doch um einen Rechtsfuß. Der Verteidiger hat sich aber auch gut an die andere Seite gewöhnt und zeigt dort seine Qualität: Spielstärke, starke Lösungen in Drucksituationen und super lange Pässe. Ab und an ist er jedoch für einen Fehler gut, wie beim ersten Gegentor im Pokal, als er nicht gut aussah.
Die Position des rechten Innenverteidigers ist in Leverkusen eigentlich das Hoheitsgebiet von Koussounou. Durch sein Spielprofil ist er hinten gewissermaßen sogar der wichtigste Spieler, und zwar wegen des Zusammenspiels mit Jeremie Frimpong. Der Ivorer erlaubt seinem Vordermann durch die defensive Absicherung einerseits eine hohe Position, nutzt andererseits selbst den von Frimpong geschaffenen Raum für Dribblings aus. Es kommt nicht von ungefähr, dass er für die erste Saisonhälfte sowohl aus LigaInsider-Sicht als auch für den kicker als bester Innenverteidiger der Liga gilt.
Hincapié hatte zu Saisonbeginn das Pech, verletzt gewesen zu sein, und kam dann nicht an den drei gefestigten Konkurrenten vorbei. Deren Abwesenheit konnte er jedoch nutzen, war auch im Pokal bärenstark. Als Linksfuß ist er der klare Kandidat für die linke Position, weist im Vergleich zu Tapsoba zudem ein besseres Kopfballspiel auf. Ansonsten sind die beiden gleichauf in fast allen defensiven Kategorien.
Aktuell stellt sich die Situation bei Bayer relativ klar. Stanišić hat einen ordentlichen Job gemacht, aber es reicht nicht, um an den anderen Abwehrspielern vorbeizukommen. Kossounou erwarten wir als gesetzt auf der Position des rechten Innenverteidigers, sobald er zurückkommt. Für Tah in der Mitte gilt das auch, sodass es auf das Duell zwischen Tapsoba und Hincapié hinausläuft. Bis Kossounou wieder da ist, spielen aber beide.
Ito und Guirassy müssen wieder in die Startelf
Beim VfB Stuttgart sind gleich zwei wichtige Spieler von ihren Turnieren zurück: Serhou Guirassy und Hiroki Ito. Es muss Platz für beide her, sodass die Systemfrage aufkommt.
Ito hat sich bei den Schwaben zu einem der Leistungsträger überhaupt entwickelt. In der Hinrunde half er häufig auf der Position des Linksverteidigers aus, seine beste Position ist aber innen. Dahin dürfte er sich jetzt orientieren, denn links hat sich mittlerweile Maximilian Mittelstädt in den vergangenen Wochen zu einem vorerst wohl gesetzten Spieler entwickelt.
Da auch Waldemar Anton unantastbar ist, könnte es Anthony Rouault trotz toller Leistungen an den Kragen gehen, sobald Guirassy für die Startelf fit ist. Denn dann ist wie in den Spielen vor dem Afrika-Cup ein System mit Viererkette in Betracht zu ziehen.
Die Argumente für den Doppelsturm Deniz Undav und Guirassy liegen klar auf der Hand: Es handelt sich um das beste Sturmduo Europas (30 Saisontore in der Liga). Hinten ist es nicht so einfach. Zum Beispiel würde die Rolle als Rechtsverteidiger nicht so gut zu den Qualitäten von Josha Vagnoman passen. Er ist als Schienenspieler am besten aufgehoben. Sollte er offensiver eingesetzt werden, entstünde aber ein heißer Konkurrenzkampf mit Enzo Millot und Jamie Leweling (Chris Führich ist am sichersten).
Bei der Pokalniederlage gegen Leverkusen hat sich zudem in einigen Situationen gezeigt, dass in der Abwehr die Eingespieltheit fehlt: Der erst kurz vorher vom Asien-Cup zurückgekehrte Ito hat bei zwei Gegentoren das Abseits aufgehoben. Dennoch: An seinem Platz sollte nicht zu rütteln sein, sodass nach LigaInsider-Einschätzung mit der Rückkehr von Guirassy und der Umstellung auf eine Viererkette Rouault bald auf die Bank wandert. Auch Leweling, zuletzt ohnehin auf der Bank, bleibt außen vor.
Bayern plötzlich mit reichlich Auswahl in der Abwehr
Beim FC Bayern München hat Thomas Tuchel vor dem Meistergipfel gegen Leverkusen unverhofft Möglichkeiten. Nach dem überraschenden Aus der Südkoreaner im Halbfinale des Asien-Cup wird Minjae Kim offenbar direkt für das Topspiel zur Verfügung stehen. Dayot Upamecano ist nach Oberschenkelverletzung seit Mittwoch im Training und könnte zumindest eine Kaderoption sein. Wie baut sich die Innenverteidigung des Rekordmeisters zusammen?
Kim ist nach dem Performance Index der zweitbeste Innenverteidiger der Liga in der Hinrunde. Sein Stellungsspiel ist seine größte Stärke. Seine Top-10-Platzierung bei den abgefangenen Bällen und eine Luftkampfquote von 72,1 Prozent zeigen, wie er diese Qualität nutzt. Als zweitschnellster Innenverteidiger Bayern erlaubt er es dem Team zudem, hoch zu verteidigen. Leistungen wie die beim 3:0 gegen Stuttgart in der Liga lassen Kims Gegner manchmal regelrecht verzweifeln. Er sollte direkt wieder gesetzt sein.
Und daneben? Winter-Neuzugang Eric Dier zeigt solide Leistungen, braucht aber mehr Argumente, um sich als Stammspieler aufzudrängen. Seine Rolle ist noch eher die des Ergänzungsspielers. Für das Wochenende erwartet LigaInsider Matthijs de Ligt in der Startelf, der im Spielaufbau ein wichtiger Faktor ist. Seine Saison ist aber geprägt von fehlendem Rhythmus/Verletzungen (nur 39 Prozent der möglichen Minuten). Die Rückserie begann er mit einigen Unsicherheiten. Vor allem das Rausrückverhalten, das zu Lücken für schnelle Vorstöße führte, war stellenweise fragwürdig.
Nicht zuletzt deshalb könnte ihn Upamecano bald ablösen. Er präsentiert sich diese Saison stabilisiert, zeigt nur wenige Fehler. Er ist ligaweit der zweitschnellste Innenverteidiger, was eine wichtige Komponente fürs Bayern-Spiel ist (Hochschieben der zentralen Verteidiger). Platz zwei bei der Passsicherheit aller Feldspieler der Bundesliga sowie eine Erfolgsquote von 90 Prozent bei langen Pässen (Ligabestwert) sprechen darüber hinaus eine klare Sprache. Im Performance Index rangiert der Franzose auf Platz 4 der Innenverteidiger. Sobald er startelfreif ist, müsste Upamecano mit Kim das Münchener Abwehrduo bilden.
Nicht alle Rückkehrer sind Startelfkandidaten
Die Liste der Turnierrückkehr ist damit längst nicht erschöpft. Der eine oder andere Verein hat klare Startelfkandidaten zurückbekommen wie etwa der VfL Bochum mit Takuma Asano. Auch bei Eintracht Frankfurt hat Ellyes Skhiri seinen gesicherten Platz inzwischen zurück und Farès Chaïbi darf jetzt vermutlich ebenso von Beginn an ran, auch wenn die Schraube im Offensivbereich angezogen wurde. Darüber hinaus ist Omar Marmoush ein Leistungsträger der Hessen. Er hat für das Spiel gegen Bochum am Samstag bereits eine Startelfgarantie erhalten.
Einen festen Platz hatte zunächst auch Kō Itakura von Borussia Mönchengladbach. Er stand bis zum 7. Spieltag immer in der Startelf, ehe eine Sprunggelenksverletzung und anschließend der Asien-Cup für seine Abwesenheit sorgten. Marvin Friedrich hat in der Zwischenzeit Pluspunkte sammeln können. Ob das ausreicht, um Itakura lange auf Abstand zu halten? Wenn fit, war der Japaner bei den Fohlen bisher immer gesetzt.
Marokkos Nationalspieler Noussair Mazraoui hat bei den Bayern schon wieder einen Startelfplatz bekommen, muss diesen allerdings trotz des Ausfalls von Konrad Laimer (verletzt) behaupten. München holte Ende Januar für fast 30 Millionen Euro Sacha Boey in den Kader, der schon beim 3:1 gegen Gladbach nach einer Stunde für Mazraoui reinkam. Aktuell stellt sie die Frage nach dem Duell jedoch wohl nicht: Fürs Leverkusen-Spiel am Samstag läuft es darauf hinaus, dass Mazraoui links aufläuft (Davies fällt aus). Boey könnte auf der anderen Seite zu seiner Feuertaufe in der Anfangsformation kommen und einen ersten Nachweis über seine Startelftauglichkeit in München erbringen (oder eben nicht).
Eine Chance auf die Rückkehr in die Startelf hat auch Freiburgs Ritsu Doan, zumal mit Merlin Röhl (Rotsperre) ein Kollege vorerst wegfällt. Mainz dürfte die Rückkehr von Südkoreas Nationalspieler Jae-Sung Lee ebenfalls sehr begrüßen, wobei fürs Wochenende noch der Fitnesszustand zu überprüfen ist. Mit Nadiem Amiri hat aber auch er jetzt mehr Konkurrenz. Aïssa Laïdouni ist bei Union Berlin im Rennen um die Startelfplätze, jedoch kein sicherer Kandidat.
Spieler wie Naby Keïta (Werder Bremen), Wooyeong Jeong (VfB Stuttgart) oder Amine Adli (Bayer Leverkusen) müssen derweil wohl weiter mit der Rolle als Einwechselspieler vorliebnehmen. Letztgenannter kratzt nach seinem starken Pokalauftritt am Dienstag allerdings am Platz von Stammkraft Jonas Hofmann.
Die Ausarbeitung der Daten und die Taktikbetrachtung erfolgte über unseren Analysten Lennart Susemiehl.