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LigaIn­si­der-Analyse: Leverkusen und Dortmund im Duell

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Wir nutzen die Gunst der Stunde, um mit dem Aufeinandertreffen zwischen Bayer 04 Leverkusen und Borussia Dortmund (Sonntag, 17:30 Uhr) ein interessantes Top-Duell etwas genauer unter die Lupe zu nehmen.

Welche Stärken beziehungsweise Schwächen den jeweiligen Teams in die Karten spielen können, erfahrt ihr im weiteren Verlauf dieses Artikels.


Leverkusener Verlockungen versus BVB-Pressing

Wie wir bereits in einer früheren Analyse zum variablem Angriffsspiel von Bayer 04 Leverkusen erklärten, versucht die Werkself, seine Gegner durch tiefen Ballbesitz auf einer Seite des Spielfeldes zu locken, um die Abstände zwischen Mittelfeld- und Verteidigungslinie zu erhöhen.

Jeremie Frimpong schiebt in diesem Fall oftmals offensiv auf die letzte Linie vor, was Odilon Kossounou zum Zweck der Defensivabsicherung in die Rolle des Rechtsverteidigers schlüpfen lässt. Frimpong bindet im Rahmen dieses Schachzugs den Linksverteidiger der Dortmunder, der somit nicht auf Kossounou einwirken kann und drückt die Verteidigungslinie gleichzeitig nach hinten.

Dieses taktische Mittel kann gegen den BVB durchaus eine erfolgversprechende Herangehensweise sein. Denn Borussia Dortmund verteidigt im gegnerischen Ballbesitz gerne aktiv nach vorne. Besonders Emre Can im Mittelfeld, die beiden Innenverteidiger Mats Hummels und Nico Schlotterbeck sowie Linksverteidiger Ramy Bensebaini sind hier zu nennen.

Das Problem aus Sicht der Westfalen: Während die meisten Bundesligateams bei diesem druckvollem Pressing vor größere Probleme gestellt werden, ist Leverkusen ein Klub, der genau in solchen Situationen brilliert! Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der BVB hier mit dem Feuer spielen könnte.



Doppelte Gefahr für Borussia Dortmund

Passwege: Für Leverkusen ergeben sich nach dem erzwungenem Raumgewinn reichlich Optionen, um durch den Ballbesitz auf der rechten Seite einen gefährlichen Angriff vorzutragen: Es entstehen beispielsweise direkte Passwege zwischen Mittelfeld und Abwehr, auch ein direktes Anspiel auf Palacios, der auf Hofmann ablegen könnte, oder ein direkter Pass auf Angreifer Boniface sind möglich.

Verlagerungen: Mittelfeldantreiber Granit Xhaka hat ebenfalls viele Möglichkeiten, das Spielgerät an den Mann zu bringen. Spielverlagerungen unter Druck, der durch den pressenden Can erzeugt werden kann, sind eine seiner Spezialitäten. Dieses Aufeinandertreffen vom extrem passstarken Xhaka und Can im Zentrum kann ohnehin als ein Schlüsselduell angesehen werden. Sollte der Schweizer dem Druck standhalten, kann er Grimaldo in Kombination mit Wirtz anhand eines präzisen Zuspiels auf links in ein Zwei-gegen-eins-Duell schicken.

Profitiert haben die gegnerischen Mannschaften der Dortmunder zuletzt des Öfteren vom Raumgewinn über die Bensebaini-Seite.


BVB überzeugt mit langen Bällen

Ein probates Mittel für den BVB, seine Gegner zu knacken, bietet sich beispielsweise durch die hohe Präzision, die bei langen Pässen an den Tag gelegt wird. Dortmund ist das Bundesligateam mit den meisten angekommenen langen Bällen. Dieser Aspekt ist im Terzić-System besonders wichtig.

Gespielt werden diese nach Ablagen der defensiven Mittelfeldspieler aus der Defensive heraus, überwiegend von Bensebaini, Hummels und Schlotterbeck, die somit versuchen, das gegnerische Mittelfeld zu überspielen. Die Zielspieler sind hier Niclas Füllkrug oder Jamie Bynoe-Gittens, der als enorm dribbelstarker Akteur direkt in Eins-gegen-eins-Situationen mit den gegnerischen Außenverteidigern starten kann.

Das Problem aus Sicht Leverkusens: Die Rheinländer agieren im gegnerischen Ballbesitz in einer hochstehenden Fünferkette, was bei einer Ablage eines zentralen BVB-Mittelfeldspielers auf einen „Ballverteiler“ (Bensebaini, Hummels oder Schlotterbeck) dazu führt, dass die Mittelfeldspieler der Werkself ihre Positionen womöglich zeitweise nicht halten können und die Abstände zwischen Mittelfeld- und Verteidigungslinie automatisch vergrößert werden.

Das sorgt für Raumgewinn aufseiten der Dortmunder, die mit Bynoe-Gittens (links) und Ryerson (rechts) gleichzeitig ihr Spiel sehr breit aufziehen, um die Außenverteidiger der Leverkusener zu beschäftigen. Das eröffnet Wege für ein direktes Zuspiel auf Füllkrug oder Brandt, der einlaufen kann und Füllkrug im weiteren Verlauf mit einer Flanke in Szene setzen kann. Es wird gewiss mitentscheidend für das Spiel sein, wer auf den Außenbahnen die Oberhand behält.

Bei einem hohen Ball auf Füllkrug bindet der Stürmer einen Innenverteidiger, weshalb die anderen beiden noch enger zusammenrücken müssen. Jonathan Tah, mit 81 Prozent gewonnenen Kopfballduellen auf Platz drei in der Bundesliga in dieser Disziplin, könnte hier aber den Spielverderber geben und etwaige Ablagen von Füllkrug verhindern. Hier deutet sich ein weiteres Schlüsselduell an: Gelingt es Füllkrug, die Bälle festzumachen, oder meldet Tah ihn ab?

Vielleicht geht dafür mehr über andere hohe Bälle: Unsere LigaInsider-Analyse zur Torgefahr der Bundesligisten durch Standards hat gezeigt, dass Bayer 04 nach Standardsituationen (Ecken, Freistöße) äußerst anfällig ist. Das könnte also auch ein Mittel werden, da insbesondere Mats Hummels in diesem Bereich eine hohe Gefahr ausstrahlt.



Spannung im Topspiel garantiert

Ein spannendes Spiel wird es in jedem Fall werden. Beide Teams haben gewisse Stärken und Schwächen, die über den Ausgang der Partie entscheiden können. Dortmund kämpft zudem um den Anschluss an das Spitzentrio in der Tabelle und kann durch einen Sieg etwas Boden gutmachen. Leverkusen möchte seinerseits natürlich die Tabellenführung gegenüber dem FC Bayern verteidigen, der zwei Punkte hinter der Werkself rangiert!

Die Frage ist nun, ob es dem BVB gelingt, durch sein Pressingverhalten Ballgewinne und spielentscheidende Aktionen zu erzwingen oder ob die Leverkusener Falle – wie so oft in dieser Saison – zuschnappt!

Aufstellbar sind aus Mangersicht nach unserer Einschätzung die Offensivspieler beider Teams. In der Defensive können sowohl die Bayer- als auch die BVB-Akteure hin und wieder ins Schwimmen geraten, was natürlich Punkte kosten kann.

Grimaldo und Frimpong können als Außenverteidiger jedoch durchaus zu guten Aktionen kommen, weil die beiden durch Seitenverlagerungen von beispielsweise Xhaka in gefährliche Duelle mit den Außenverteidigern der Schwarz-Gelben kommen können.

Die Ausarbeitung der Daten und die Taktikbetrachtung erfolgte über unseren Analysten Lennart Susemiehl.