Hallo Insider!
Ehe es in der Bundesliga weitergeht, schließen wir unseren Analyse-Komplex zum Status quo der Standards nach elf Spieltagen ab. Ging es zunächst um die Bundesliga-Klubs an sich und im zweiten Beitrag um die Vorlagengeber, behandeln wir hier die Abschlussspieler bei Standardsituationen.
Wieder haben wir eine Top-15-Auflistung herausgefiltert. Wie gehabt findet sich auch bei den Abschlussspielern der Wert xG (Expected Goals) in der Tabelle wieder, die Aufmerksamkeit gilt dieses Mal aber stärker dem xGoT-Wert (Expected Goals on Target) beziehungsweise der Differenz beider Werte (xGoT - xG).
Zur Erinnerung: xGoT ist eine Erweiterung von xG (Torwahrscheinlichkeit basierend auf der Schussposition) um den Einschlagsort des Balles. Es ergibt sich eine Aussagekraft hinsichtlich der Schussqualität des Spielers. Diese lässt sich auch durch die Differenz von xGoT und xG darstellen. Ist diese positiv, also xGoT höher als xG, deutet das auf gute und zielsichere Schüsse des Spielers hin (aufs Tor oder zumindest knapp vorbei).
Kane hängt die Abwehrspieler ab
Wie könnte es anders sein: An erster Stelle unserer Top 15 steht ein gewisser Harry Kane. Die Tormaschine des FC Bayern München (17 Saisontore in der Bundesliga) strahlt auch als Zielspieler von Standardvorlagen eine enorme Gefahr aus. Aus acht Abschlüssen resultierten schon drei Tore, was ihn in dieser Statistik an die Spitze spült (Platz 1 allerdings geteilt! Dazu gleich mehr). Kanes xGoT nach Standardvorlagen ist mit 3,49 der höchste von allen, das gilt auch für seine Abschlussqualität (xGoT minus xG), die bei einem Wert von 1,26 liegt.
Hinter Kane wird es sehr interessant. Dort haben sich besonders Abwehrspieler ins Blickfeld gespielt. So liegt Jonathan Tah mit drei Treffern gleichauf mit Kane, wobei er sogar zwei Abschlüsse weniger benötigt hat. Leverkusens Abwehrspieler lässt sich offenbar nicht lange bitten. Bei der Abschlussqualität hat er als einziger Akteur neben Kane eine eins vor dem Komma.
Tahs xGoT (2,69) wird nur von einem anderen Spieler getoppt, der seinerseits ebenfalls hauptberuflich fürs Verhindern von Treffern zuständig ist: Mats Hummels (3,11). Der Routinier von Borussia Dortmund hat bei sieben Versuchen auch schon zweimal genetzt. Klar, bei Standards kommen die physischen Vorteile von Hummels und Tah zur Geltung, was ohnehin generell ein Vorteil der überwiegend hochgewachsenen Innenverteidiger ist. Sie sind zwei kopfballgefährliche Abwehrspieler, die nicht viele Chancen brauchen.
Gladbach und Heidenheim wollen es bei Standards wissen
Auch Verteidiger wie Bayerns Matthijs de Ligt (1,73), dessen Saison bislang aber von körperlichen Problemen geprägt ist, oder Gladbachs Kō Itakura (1,58) weisen sehr gute xGoT-Werte auf. Apropos Gladbach: Von den Borussen tauchen gleich drei Spieler auf, was im Einklang mit der hohen Standardgefahr der Fohlen steht. Alassane Pléa erreicht beispielsweise mit 1,69 ebenfalls eine gute xGoT-Marke, Nico Elvedi dagegen nicht (0,48/niedriger als xG). Im Vergleich zwischen ihm und Itakura (ungefähr gleich viele Einsatzminuten) erweist sich der Japaner als der torgefährlichere Verteidiger.
Der 1. FC Heidenheim ist ebenfalls ziemlich präsent, und zwar wenn es um die Anzahl der Abschlüsse insgesamt geht. Kein Wunder, haben sie mit Jan-Niklas Beste doch einen Topzulieferer in ihren Reihen. Tim Kleindienst hat nach Standards schon zehn Torversuche unternommen, Patrick Mainka – wieder ein Innenverteidiger – sogar elf. Die Kehrseite der Medaille: Insgesamt ist nur ein Tor entstanden, was kein gutes Licht auf die Abschlüsse wirft. Und das, obwohl Kleindienst mit vier Großchancen die meisten aller Top-15-Akteure hatte. Immerhin ist er es, der den einen Treffer erzielen konnte.
Ausblick
Dennoch: Heidenheims Restprogramm in der Hinrunde sieht Gegner vor, die überdurchschnittlich anfällig nach Standards sind, weshalb zum Beispiel Abwehrmann Mainka eventuell ein relativ günstiger Pick sein könnte. Ähnliches trifft auf den 1. FC Köln zu. Hier wäre Timo Hübers eine Option aus den Top 15 oder auch sein Abwehrkollege Julian Chabot (1,95 Meter), der aber keinen Platz in unserer Auflistung gefunden hat. Doch aufgepasst: Hübers scheint ein besonders schlimmer Chancentod zu sein! Aus seinen zehn Abschlüssen nur einen xGoT-Wert von 0,09 zu haben (und keinen Treffer), ist kein gutes Zeichen.
Ein im Hinblick auf Standards vorteilhaftes Restprogramm (im Ligavergleich sogar die besten Match-ups) hat auch der 1. FC Union Berlin. Robin Gosens, bei Standardabschlüssen ohnehin sehr gut unterwegs (2 Tore/xGoT: 1,75/xGoT-xG: 0,72), könnte davon ebenso profitieren wie Kevin Behrens.
Auch der Stürmer hat es in unserer Analyse unter die Top 15 geschafft. Nun ist es bei Behrens so, dass ihm seit Wochen die Seuche am Fuß klebt. Sein bisher letztes Bundesligator datiert vom 2. Spieltag. Nichtsdestotrotz ist er unbestritten ein guter Kopfballspieler. Und in Berlin findet nach der Trennung von Cheftrainer Urs Fischer gerade ein Neustart statt mit der Hoffnung, der Pleitewelle ein Ende setzen zu können. Sollte dies gelingen, geht damit womöglich auch eine Kehrtwende bei Behrens einher.
Nicht unbedeutend in diesem Zusammenhang: Die Genesung von Josip Juranović nach muskulären Problemen. In der Analyse zu den Standard-Vorlagengebern hat er sich als eine Option herauskristallisiert, die man auf dem Schirm haben sollte.
Top-15 der Standard-Abschlussspieler*
*Die Einzelwerte Tore und Großchancen sowie xG und xGoT wurden für eine kompaktere Darstellung jeweils in eine gemeinsame Spalte gesetzt. Sortiert ist die Tabelle nach dem xGoT-Wert.
Die Ausarbeitung der Daten und die Taktikbetrachtung erfolgte über unseren Analysten Lennart Susemiehl.