Moin liebe Insider,
Nachdem meine Podcast-Kollegen Sveno und Fadi meine Notizen angesehen haben, sagten sie mir, ich solle diese doch mal mit euch teilen und vertiefen.
Perfekt. Nichts lieber als das, dachte ich mir. Dann brauche ich mich selbst
nicht so limitieren und ihr könnt wieder ein bisschen Extra-Informationen erhalten.
Dieser Text ist für all diejenigen, die Lust haben, sich noch tiefer einzuarbeiten, aufbauend auf unseren Podcast „Gamechanger am Donnerstag“. Deswegen werde ich euch nun hin und wieder mit weiterführenden Analysen versorgen. Lasst mich gerne wissen, was ihr davon haltet.
Den Anfang machen wir mit dem Topspiel Werder Bremen gegen Bayer Leverkusen. Hier kam zuletzt in der LigaInsider-Academy die Frage auf (Grüße gehen raus an User no-reply), inwiefern die neue Positionierung von Weiser Einfluss auf das Spiel von Werder hat und ob wir vielleicht anhand dessen sogar eine kleine Prognose wagen könnten, was das mit seinem Punktepotenzial für Fantasy Manager macht.
Position 1: die rechte Schiene
Auf seiner angestammten Position hat Mitchell Weiser viele Spiele für den SV Werder Bremen absolviert. Seine Aufgaben sind sehr klar erkennbar und mit der Zeit haben sich wiederkehrende Muster und Automatismen gefestigt.
Eines dieser Muster ist folgendes, welches wir im letzten Spiel gegen Wolfsburg gut sehen konnten:
In dieser Szene zeigt Weiser seine Wichtigkeit für das schnelle Umschaltspiel der Bremer über die Flügel.
Malatini (22) antizipiert hier einen Pass von Kamiński (16) in den Lauf von Amoura (9). Malatini geht dazwischen, fängt den Ball ab, nimmt den Lauf sofort auf und startet vorbei an Kamiński und Amoura. Weiser (hier noch nicht zu sehen) hatte sich zuvor nach seinem Ballverlust am gegnerischen Strafraum auf seine Flügelposition zurückbegeben.
Drauffolgend sehen wir, dass Gegenspieler Wimmer (39) zu weit weg von Weiser (8) ist. Malatini passt den Ball, nach einem kurzen Lauf, sauber in den Lauf von Weiser. Dieser startet mit Ball durch in Richtung Grundlinie.
Im Strafraum hat Werder nominell eine Unterzahl, löst dies aber über clevere Laufwege, die Weiser genaustens kennt. Schmid (20) läuft durch, zieht so seinen Gegenspieler (3) mit und öffnet den Raum hinter ihm. In diesen setzt sich Ducksch (7) rechtzeitig von seinem Gegenspieler Fischer (2) ab und bekommt den Ball von Weiser, der genau in dem Moment, wo Wimmer ihn erreicht, den Ball passt. Ducksch kann ohne Gegnerdruck sofort abschließen und erzielt den Treffer.
Eine typische Werder-Umschaltsituation über den rechten Flügel, die explizit dadurch gefährlich wird, dass die drei langjährigen Mitspieler Weiser, Ducksch und Schmid ihre Laufwege und Passzeitpunkte genau kennen.
Position 2: der rechte offensive Halbraum
Den Einsatz auf der für Weiser neuen Position im rechten offensiven Halbraum hat Trainer Ole Werner zuletzt mit der Spielintelligenz Weisers begründet. Was genau er damit meint, erkennen wir an der nächsten Szene gegen die TSG Hoffenheim. Es handelt sich um die Szene, die in der Roten Karte für Nsoki mündete.
Hoffenheim steht sehr hoch und deckt alle ballnahen Passoptionen direkt oder indirekt. Weiser, nun im rechten Zehnerraum aktiv, erkennt die Situation und lässt sich in den offenen linken Mittelfeldraum fallen, welcher durch die hohe Positionierung der Hoffenheimer entsteht. Zetterer hat nun Weiser als extra Passoption und kann diesen dort anspielen. Dadurch dass Weiser seine Position verlässt, kann Agu diese nun besetzen. Dieser ist deutlich schneller als Weiser und auch laufstark mit Ball am Fuß.
Weiser bekommt den angesprochenen Pass von Zetterer und kann sich mit der Ballannahme um seinen Gegenspieler Tohumcu (17) drehen, da dieser ihm nicht ausreichend Druck gibt. Nach seiner Drehung sieht er sofort den mit hoher Dynamik hinter die Kette startenden Agu und spielt den perfekten Pass in seinen Lauf. Verteidiger Nsoki kommt nicht hinterher, Agu kreuzt den Laufweg und provoziert so einen frühen Platzverweis, der später eine der spielentscheidenden Szenen sein wird.
Direkter Vergleich beider Positionen
Einen weiteren guten Vergleich über die Vor- und Nachteile der Positionierung von Weiser bekommen wir beim Blick auf die sogenannten „Passing Maps“ oder auch „Passing Networks“ genannten Grafiken.
Oben sehen wir die Grafik aus dem ersten Saisonspiel gegen den FC Augsburg. Weiser hatte hier als rechter Schienenspieler agiert. Die Grafik darunter stammt aus dem Heimspiel gegen den SC Freiburg, in dem Weiser die offensivere Position besetzt hatte.
Kurz zur Erklärung: Die „Passing Maps“ sind hier der Verständlichkeit halber etwas vereinfacht dargestellt. Gelbe Nummern bedeuten, dass der Spieler durch Pässe, die er erhält oder selbst spielt, vergleichsweise viel Torgefahr erzeugt. Blaue Nummern bedeuten weniger Gefahr. Die Dicke der weißen Verbindungen repräsentiert die Anzahl der Passaktionen zwischen zwei Spielern.
Im Spiel gegen Augsburg erkennen wir gut, dass Weiser (8) gelb gefärbt ist, somit mehr Gefahr erzeugt hat und aufgrund der Dicke der Verbindungen auch erkennbar mehr ins Passspiel involviert ist. Das ist eine typische Dreiecksverbindung, die man bei Bremen immer wieder beobachten kann:
Am Flügel bilden der Halbverteidiger, der Schienenspieler und ein Sechser Dreiecke, mit dem offensiven Halbraumspieler teilweise sogar Vierecke, um in Ballnähe Überzahl zu erzeugen und mit mehreren Passstationen ins letzte Drittel zu kommen. Weiser ist hier aufgrund seiner Passqualität und der angesprochenen Spielintelligenz ein elementarer Part.
Vergleicht man es mit dem Spiel gegen Freiburg, zu sehen in der unteren Grafik, sieht man, dass Weiser deutlich weniger eingebunden wurde und übers Passspiel nicht mehr die entsprechende Gefahr erzeugen konnte. Das Spiel verlagerte sich eher auf die linke Bremer Seite, aber auch hier konnten nicht so viele Passaktionen und die gleiche Passgefahr erzeugt werden.
Fazit
Ole Werner hat es auf der Pressekonferenz nach dem Wolfsburg-Spiel schon durchblicken lassen. Angesprochen auf die Position von Weiser erklärte er, dass er sich hier gar nicht festlegen möchte, sondern er eher von Gegner zu Gegner schaut.
In der offensiveren Position sei Weiser vor allem interessant, wenn es darum geht, auch immer wieder Halbräume zu bespielen. Auf dem Flügel ist er wichtig gegen mannorientierte Gegner, die hohen Druck machen, um sich aus diesem zu befreien und eine Reihe weiter vorzukommen.
Gegen Leverkusen kann man Weiser also wohl wieder auf der rechten Schiene erwarten, um mit dem Druck, den Leverkusen erzeugt, besser klarzukommen sowie um Lösungen zu finden, ins letzte Drittel zu kommen. Aber auch die analysierten Umschaltsituationen können so besser genutzt werden.
Für seine Punkte im Fantasy-Bereich kann man relativ einfach mutmaßen, auch anhand der Passgrafiken, dass die Anzahl der Rohpunkte auf der Schiene höher sein dürfte, dafür aber in der offensiveren Position die Anzahl der Risikopunkte besser werden könnte. Das könnt ihr zum Beispiel gut bei euren Daily-Aufstellungen berücksichtigen, um das richtige Verhältnis zwischen Roh- und Risikopunkten zu erhalten. Wie es sich wirklich darstellt, bleibt abzuwarten und wir werden erst mal Daten sammeln müssen und dann vergleichen.
Lasst mich gerne wissen, was ihr von diesem deep dive zum Podcast haltet oder was ihr euch noch wünscht.
Fragen, konstruktive Kritik und eine vernünftige Diskussion sind wie immer sehr gern gesehen. Viel Spaß beim Hören und viele Punkte am kommenden Spieltag!