Marvin Friedrich
Borussia Mönchengladbach
Keine sportliche Sanktion: So sieht Farke die Situation um Friedrich

Kristian Dordevic

© imagoimages / fohlenfoto

Bei Borussia Mönchengladbach entsteht um Marvin Friedrich eine etwas eigenartige Situation. Der Spieler hat seinem Ärger über seine sportliche Lage im Team jüngst öffentlich Luft gemacht und damit für Brisanz gesorgt.

Personell sieht es aber plötzlich so aus, dass ihm eine Bewährungschance in der Startelf winken könnte. Trainer Daniel Farke gelingt unterdessen das Kunststück, Friedrich seine höchste Wertschätzung auszusprechen und ihn gleichzeitig – vielleicht unbewusst – in gewisser Hinsicht anzuzählen.

Eines vorweg: Das prekäre Interview zieht keine sportlichen Konsequenzen nach sich. Farke wird Friedrich für Gladbachs Spiel in Frankfurt (Samstag, 18:30 Uhr) nicht aus dem Kader streichen. „Nein, natürlich plane ich mit Marvin“, stellte der Coach im Vorgespräch zur Partie klar, „für mich ist das Interview kein Problem.“ Es folgte ein fast zehnminütiger Monolog zum Thema.

Dass ein Spieler nicht zufrieden ist, wenn er kaum spielt, möchte Farke sogar genau so haben. Und dass der Innenverteidiger von fehlendem Vertrauen spricht, wenn ihm gegenüber von Anerkennung gesprochen wird, sich das aber nicht in Einsatzzeiten widerspiegelt, sei auch „ganz normal“, so der Fohlen-Trainer. „Da ist inhaltlich nichts, was mich stört oder von meiner Einschätzung zu Marvin abrücken lässt.“


Gladbach kassiert mit Friedrich mehr Gegentore als ohne ihn

Farke sieht jedoch auch eine andere Seite der Medaille. „Trotzdem ist die Realität etwas anders. Ich vertraue meinem ganzen Kader. Wir haben für seine Position mit Elvedi, Itakura, Jantschke und mit ihm vier Spieler – und darüber hinaus den einen oder anderen Spieler, der auf der Innenverteidigerposition einsetzbar ist.“ In letztere Kategorie fallen zum Beispiel Christoph Kramer oder Ramy Bensebaini. Die Schlussfolgerung: „Dann ist es normal, dass du nicht jedes Spiel machst.“

Nach der Winterpause sei es schon sehr wenig Einsatzzeit für Friedrich gewesen, das gab Farke zu. Auf zwei Minieinsätze kommt der Abwehrmann im neuen Jahr. In der Hinrunde waren es zwischenzeitlich zehn Startelfeinsätze am Stück.

Mit den Einwechslungen macht das insgesamt 16 Bundesligaeinsätze. „Das ist nicht der Status eines Spielers, von dem du sagst, der ist absolut unantastbar und jedes Mal auf dem Plakat steht. Aber das ist die Bilanz eines richtig wichtigen Spielers“, ordnete Gladbachs Trainer die Einsatzhistorie dieser Saison ein.

Eine Bilanz, die aus seiner Sicht aber einen Makel aufweist. „Wir müssen uns die Fakten angucken: Wir haben in zehn Spielen mit Friedrich in der Startformation 19 Gegentore bekommen“, also durchschnittlich 1,9 Tore pro Spiel. „In den Spielen ohne ihn haben wir deutlich weniger bekommen (1,47).“


Einsatz von Elvedi fraglich: Friedrich ist erster Ersatzkandidat

Diesen Hinweis wollte Farke nicht als Vorwurf verstanden wissen, es sei einfach ein Fakt. „Du wirst immer die Jungs aufstellen, von denen du das Gefühl hast, dass sie hinten den Laden dichthalten und Punkte garantieren.“

Gegenwärtig kommt dazu, dass die Borussen von den fünf letzten Spielen drei ohne Gegentor beendet haben. Zuletzt gab es zwei weiße Westen in Folge. „Da fragt sich jeder, der objektiv draufguckt: Was sollen wir hinten noch ändern? Besser, als zu Null zu spielen, können wir gerade nicht“, rechtfertigte Farke seine Entscheidungen, stets auf Kō Itakura und Nico Elvedi zu vertrauen.

Das Duo wird am Wochenende jedoch vielleicht gesprengt. Elvedi hat Innenbandprobleme und konnte am Donnerstag nicht trainieren. Sein Einsatz ist fraglich. Jantschke dürfte als Option für die Anfangsformation wegfallen, weil er aus einer fast zweimonatigen Verletzungspause kommt und er es überhaupt erst mal in den Kader schaffen muss.

Falls vom Interview wirklich nichts hängengeblieben ist bei Farke, müsste Friedrich Kandidat Nummer eins sein als Elvedi-Ersatz. Der Cheftrainer sprach am Donnerstag sogar explizit an, dass der unzufriedene Profi da sein muss, wenn sich ihm die Gelegenheit bietet. Womöglich kommt die schneller als erwartet, und Friedrich kann Farkes Forderung mit Leben füllen: „Wenn die Chance kommt, zu spielen, nutz die Chance!“