Bereits vor der WM 2010 in Südafrika, die Thomas Müller als Torschützenkönig abschließen konnte, war das bayrische Eigengewächs unter Trainer Louis van Gaal vom Regionalligaspieler zum Stammspieler in der Bundesliga gereift. In Rekordgeschwindigkeit avancierte der seit gestern 26-jährige Fußballer beim FC Bayern, aber auch darüber hinaus, zu einem echten Publikumsliebling. Und in den ersten Wochen der laufenden Saison, so hat es zumindest den Anschein, macht der Angreifer auch leistungstechnisch noch einmal einen Sprung.
Müller führt aktuell mit sechs Toren (1 Assist) die Torschützenliste der Bundesliga an und hatte zuletzt auch in den EM-Qualifikationsspielen gegen Polen (3:1) und Schottland (3:2) mit drei Toren und zwei Vorlagen maßgeblichen Anteil am Erfolg der DFB-Elf.
In der Nationalmannschaft stehen damit inzwischen 30 Treffer und 27 Torvorbereitungen für den außergewöhnlichen Kicker zu Buche. Für den Rekordmeister traf er im Oberhaus 77-mal selbst (201 Spiele) und legte seinen Kollegen weitere 77 Tore auf. Darüber hinaus ist er mit 28 Treffern nebst 14 Vorlagen Deutschlands erfolgreichster Torjäger in der Champions League.
Diese Zahlen sind insbesondere vor dem Hintergrund beeindruckend, dass Müller alles andere als ein eigensinniger Fußballer ist, im Gegenteil: Macht der Weltmeister einen besser postierten Mitspieler aus, zögert er in der Regel keine Sekunde mit einem entsprechenden Zuspiel, auch wenn er sich vor dem gegnerischen Gehäuse selbst in aussichtsreicher Position befindet. Der eigene Erfolg führt für ihn nun einmal über den Erfolg der Mannschaft.
Bestes Beispiel für seine Selbstlosigkeit: Im Spiel gegen Bayer Leverkusen (3:0) ließ Müller, der eigentlich Bayerns Elferschütze Nummer eins ist und obendrein einige Minuten zuvor schon einen Strafstoß sicher versenkt hatte, seinem Angriffskollegen Arjen Robben wie selbstverständlich den Vortritt.
Der Durchbruch in höhere Sphären hängt nicht nur damit zusammen, dass Müller momentan sportlich durch die Decke schießt, sondern gewiss auch mit dem Umstand, dass er zu Beginn der Saison von Sportdirektor Matthias Sammer in der mannschaftsinternen Hierarchie bewusst nach oben gehievt wurde.
Vor allem soll ihm in Zukunft die Führungsrolle von Bastian Schweinsteiger zukommen, der bis Sommer von der Anhängerschaft stets als der FCB-Fußballgott gefeiert wurde. Seit dessen Abgang ist der gewitzte Ur-Bayer Müller mehr denn je eine Identifikationsfigur im Verein.
Manchester biss sich die Zähne aus
Eine so wichtige Persönlichkeit, dass selbst ein intensives Gezerre vonseiten des neuen Schweinsteiger-Klubs Manchester United den deutschen Ligaprimus nicht zu einem Verkauf bewegen konnte. Wie der "kicker" aus Insiderkreisen erfahren haben will, standen bei den Red Devils schlussendlich bis zu 120 Millionen Euro als Ablösezahlung zur Debatte – der Spieler wäre mit einem Nettogehalt von 12,5 Millionen Euro jährlich gelockt worden. Doch der FC Bayern versah Müller mit dem Siegel "unverkäuflich".
Vielmehr will der amtierende Meister den Leistungsträger marktgerecht entlohnen und in diesem Zuge gegebenenfalls den bis 2019 datierten Vertrag erneut verlängern. Diesbezügliche Gespräche lassen demgegenüber aber noch auf sich warten.
In der Zwischenzeit wird Müller mit Superlativen überschüttet, sowohl von Vereinsseite als auch von der Fußballprominenz. Bayerns Vorstandsvorsitzender Karl-Heinz Rummenigge, der den Menschen Müller laut "kicker" als "Mischung aus Karl Valentin und Franz Beckenbauer" beschreibt, erklärte seinen Schützling schon während der Asienreise in der Saisonvorbereitung zum potenziell neuen "Fußballgott".
Experte Günter Netzer pflichtet ihm in dieser Sache bei. "Das kann er selbstverständlich erreichen und übertreffen", so der Weltmeister von 1974, der sich anschließend festlegt: "Das wird natürlich passieren.“
Müller als die neue Lichtgestalt an der Säbener Straße? Der Mann mit dem nicht auszurechnenden Spielstil und der gelebten Natürlichkeit hegt gar kein Interesse an dem – wie er sagt – "von außen künstlich hochstilisiert[en]" Thema Fußballgott, erlegt es seinem Schaffen doch vermeintlich Grenzen auf: "Ich lasse mich von niemandem in Schablonen pressen."